Rauchabzüge, Theorie und Praxis ( 1 )

Rauchabzüge, deren Wirksamkeit, Anordnung und Größe werden je nach Sichtweise und Standpunkt äußerst unterschiedlich beurteilt.

Architekten und Fachplaner haben in der Regel völlig andere Ansichten über Rauchabzüge als z. B. die Fachbehörden Bauaufsicht und Feuerwehr. Durch die immer häufiger anhand von Computer Programmen erstellte Simulation der Rauchentwicklung und Ableitung in einem Gebäude werden zwar theoretische Nachweise über funktionierende Rauchabzüge erbracht, aber in der Praxis - und das wird von allen Feuerwehren bestätigt - ist eine ausreichende Entrauchung im Brandfall eher unzureichend und mangelhaft.

Durch theoretisch hervorragend ausgebildete Brandschutzingenieure und Sachverständige werden häufig "Entrauchungsgutachten" erstellt, die auf Grund von "Musterprogrammen" so exakt berechnet sind, dass die erforderlichen Öffnungsflächen zur Entrauchung in Prozenten mit zwei Kommastellen angegeben werden und damit angeblich den Anforderungen genügen.

Die Praxis sieht leider ganz anders aus.

Bei fast allen Bauvorhaben muss um jede Rauchabzugsöffnung verhandelt, ja förmlich gekämpft werden und es bedarf stets einer ausführlichen Darstellung der Feuerwehr über die praktische Einsatzerfahrung und der Problematik einer ausreichenden Entrauchung im und nach dem Brandfall.

Als ein Beispiel soll der häufig als Brandursache bekannte, im Hausflur abgestellte und von Brandstiftern angezündete Kinderwagen dienen.

Ein Kinderwagen besteht - abgesehen vom Fahrgestell - in der Regel aus diversen Kunststoffen wie Schaumgummi und Weichschaumstoff. Nach Auswertungen der Universität Edinburgh entstehen beim Abbrand von 1 kg Schaumstoff ca. 2 500 m3 Brandrauch !

Das heißt, der Treppenraum eines dreigeschossigen Wohnhauses, für den gemäß Bauordnung kein Rauchabzug gefordert wird, ist bei einem Volumen von 800 - 900 m3 völlig verraucht und für die Bewohner nicht mehr nutzbar. Selbst die Feuerwehr hat trotz technischer Geräte große Probleme den Brandrauch aus dem Treppenraum zu entfernen.

Die bundesweite Statistik sagt aus, dass über 90% der Brandopfer nicht verbrennen sondern durch Rauchgasvergiftungen zu Tode kommen, so dass einer wirksamen Entrauchung wesentlich mehr Aufmerksamkeit zukommen sollte und die unbedingt erforderlichen Rauchabzüge nicht nur theoretischen Berechnungen entsprechend sondern nach Rücksprache mit den zuständigen Feuerwehren dimensioniert und angeordnet werden, aber auch funktionsfähig bleiben.

Die Landes Bauordnungen der Bundesrepublik fordern ausnahmslos, dass der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind!

Vorbeugen ist besser !


 

2. Rettungswege über tragbare Leitern der Feuerwehr ?

Berlin hat sich im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern über viele Jahre den Luxus erlaubt, die 2. Rettungswege über tragbare Leitern bis zu einer Brüstungshöhe von 12,50 m zu gestatten. Nach der neuen Berliner Bauordnung  (§ 5 Abs. 1 .......Zu Gebäuden, bei denen die Oberkante der Brüstung von zum Anleitern bestimmten Fenstern oder Stellen mehr als 8,00 m über Gelände liegt, ist .....eine Zu- oder Durchfahrt zu schaffen........) ist nun eine einheitliche Regelung eingeführt worden.

Für bestehende Bauten und sogenannte "Härtefälle" sind weiterhin Sonderregelungen möglich, da auf den Berliner Löschfahrzeugen entsprechende Leitern mitgeführt werden.

Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die bisherigen, teilweise kuriosen und abenteuerlichen "Schwalbennester" der Vergangenheit angehören. 

Berlin, Juli 2007 (Foto: H. Jaroni)

Allgemein ist bekannt - und das wird auch akzeptiert - dass der abwehrende Brandschutz in die Hände der Fachleute, also der dazu besonders ausgebildeten Feuerwehr gehört.

 Aber wie sieht es mit dem vorbeugenden Brandschutz aus?

 In diesem Bereich gibt es viele selbst ernannte "Sachverständige", die Brandschutzberatungen durchführen und Konzepte aufstellen, obwohl sie oftmals nicht über das notwendige Fachwissen bezüglich Einsatzmöglichkeiten, Einsatztaktik und Einsatzrisiken der Feuerwehr verfügen und so allen Beteiligten (Bauherrn, Planern, Behörden und nicht zuletzt den Einsatzkräften der Feuerwehr) einen nicht gerade guten Dienst erweisen.

Deshalb gilt:

 Auch der vorbeugende Brandschutz ist Sache von Fachleuten!

"Eine fachliche Beratung hätte das wohl  verhindert!"

Berlin, September 2007

Rauchabzüge, Theorie und Praxis ( 2)

Die Notwendigkeit von Rauchabzügen - oder wie es inzwischen amtlich heißt - "Öffnungen zur Rauchableitung" ist allgemein unbestritten. So haben alle Landesbauordnungen in unterschiedlichster Art und Weise die Rauchableitung z. B. aus Treppenräumen festgelegt und vorgeschrieben.
Auf Kellerbereiche (Mieterkeller, Lagerkeller usw.), das sind die Bereiche in denen stets mit erheblicher Brandlast und somit im Brandfall auch mit starker Rauchentwicklung gerechnet werden muss, wird - wenn überhaupt - in den einzelnen Landesbauordnungen nur sehr dürftig eingegangen. Das Land Berlin fordert z. B. im § 37 der Bauordnung für Berlin:
Jedes Kellergeschoss ohne Fenster muss mindestens eine Öffnung ins Freie haben, um eine Rauchableitung zu ermöglichen.
Keine Aussage zur Größe, Anordnung oder Funktion.
Dass die Entrauchung von Kellerbereichen von einigen Verantwortlichen eher als überflüssig angesehen wird, unterstreicht die sehr bezeichnende Aussage eines Behördenvertreters zu diesem Thema anlässlich einer Forderung nach effektiver Entrauchungsmöglichkeit:
"Wollen sie den Feuerwehrleuten etwa einen luxuriösen Löschangriff ermöglichen?"
Aus der Sicht des vorbeugenden Brandschutzes aber auch aus der Sicht der praxis orientierten Feuerwehr ist es erstrebenswert für Kellerbereiche eine Querlüftung über mindestens zwei frei zugängliche Fenster zu gewährleisten.
Architekten und Fachplaner sind durchaus bereit, derartige Anregungen bei der Planung von Neubauten zu berücksichtigen, dem Bauherrn plausibel zu machen und auch auszuführen.
Wenn im Zuge von Baumaßnahmen tatsächlich ausreichende Öffnungen zur Rauchableitung geschaffen wurden, ist es nicht sicher, dass diese auch funktionsfähig bleiben. Die Praxis lehrt, dass in vielen Fällen diese Öffnungen aus Unkenntnis verkleidet, verstellt, ja sogar gänzlich verschlossen werden. Eine Rauchableitung wird somit unmöglich gemacht.

Praxis: Nachträglich verschlossene Kellerfenster (ehemalige Entrauchung)
                                                                                   (Foto: H. Jaroni)

Optimal angeordnete Kellerfenster zur effektiven Rauchableitung

 

         Berlin. November 2007

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Erschreckende Erkenntnisse über Brandschutz in Hotels!

Bei privaten Aufenthalten in diversen Hotels und Pensionen aller Preisklassen - quer durch die Bundesrepublik Deutschland - musste leider festgestellt werden, dass die erforderliche Sorgfalt bezüglich des Brandschutzes in vielen Fällen nicht eingehalten wird. Sicherheitseinrichtungen befinden sich teilweise in einem katastrophalen Zustand.
Insbesondere wurden folgende Mängel festgestellt:
- die zweiten Rettungswege fehlen,
- die Beschilderung der Rettungswege ist falsch bzw. nicht vorhanden,
- die Beleuchtung der Rettungswege ist mangelhaft,
- Feuerlöscher sind falsch installiert bzw. nicht nutzbar,
- Brandschutztüren sind außer Betrieb genommen (festgebunden oder durch Keile
  f
estgestellt),
- Rettungswege durch Einbauten und Dekorationen erheblich eingeengt,
- Rauchabzugseinrichtungen mangelhaft.

Aus der Sicht des Brandschutzes ist hier eine nicht tolerierbare Nachlässigkeit zu bemerken, die im Brandfall eine erhebliche Gefährdung der Gäste und des Personals bedeutet. Vermutlich muss erst wieder ein Großschadenereignis eintreten um alle Verantwortlichen (Betreiber, Behörden usw.) entsprechend zu sensibiliseieren.

Auch für diese Bereiche gilt es:

"Vorbeugen ist besser!"

Berlin, März 2009

Dachdecker - potentielle Brandstifter ??? 

Wieso kommt es eigentlich immer wieder zu Großbränden auf Dächern, obwohl es eine Vielzahl von Verordnungen, Vorschriften und Verhaltensmaßnahmen gibt? 

Beispielhaft seien aufgeführt:
       -  Technische Regeln Flüssiggas
       -  Ausrüstung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern

Aus der Sicht des vorbeugenden Brandschutzes ist bei der Bewertung der Brandursachen folgendes festzustellen:
-  Im Laufe der Zeit wird man zu selbstsicher,
-  wir sind Profis und wissen was zu beachten ist,
-  uns ist bisher noch nichts passiert,
-  die Gefahren werden unterschätzt,
-  die Arbeiter stehen unter Zeitdruck.

Intensive Gespräche mit Vertretern der in Frage kommenden Gewerke zu den vorgefundenen Mängeln ergaben ein eindeutiges Bild:

Alle Mitarbeiter wissen um die bestehenden Gesetze und Vorschriften und erklären merkwürdig übereinstimmend, dass es sich nur um einen kurzfristigen Zustand handelt, der keinen Einfluss auf die Sicherheit hat und jederzeit unter Kontrolle ist.

Fazit:
D
ie ordnungsgemäße Ausstattung der Arbeitsplätze mit Feuerlöschern, der Abstand der Teerkocher von brennbaren Materialien, die erforderliche Beaufsichtigung und Lagerung der Druckgasbehälter lässt in vielen Fällen zu wünschen übrig, das heißt, die Entstehung eines Brandes ist nicht unmöglich.

Fotos H. Jaroni